Max Kaus
Im Werkverzeichnis Kaus/Schmitt-Wischmann unter Nr. 174 mit Anmerkung „Verbleib unbekannt (seit Beschlagnahmung durch die Nationalsozialisten im Jahre 1937 verschollen, ehemals Bayerische Staatsgemäldesammlungen)“ aufgeführt.
Provenienz
1931 – 18.05.1935 Max Kaus, Berlin | Juli – September 1933 Ausstellung „30 deutsche Künstler“ in der Galerie Ferdinand Möller, Berlin (in Kommission) | 18.05.1935 – 25.08.1937 Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München (erworben in der Ausstellung Große Münchener Kunstausstellung „Berliner Kunst“) | 25.08.1937 Beschlagnahme im Zuge der Aktion „Entartete Kunst“ | bis 28.06.1941 Deutsches Reich, Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP), Berlin | 24.11.1938 – 1939 Buch- und Kunsthandlung Karl Buchholz, Berlin (18.01.1939, in Kommission; Rückgabe an das RMVP) | seit 1939 – 1941 Bernhard A. Böhmer (in Kommission) | 1941 von Böhmer wohl pro forma an die Galerie Fischer in Luzern verkauft | 1945 – 1978 Friedrich Schult, Güstrow (wahrscheinlich aus dem Böhmer-Nachlass übernommen) | 1978 – 1981 im Erbgang an Erika Schult (Witwe von Friedrich Schult) | 1981 Erwerbung durch die Akademie der Künste, Berlin (Ost) in Verbindung mit dem Friedrich-Schult-Nachlass von Erika Schult (Ausreise in die BRD)
Das Gemälde Havelziehbrücke in der Mark von Max Kaus gelangte 1981 über den Nachlass von Friedrich Schult (1889-1978), einem Pädagogen und Künstler aus Güstrow, an die Akademie der Künste. Das Werk wurde von Juli bis September 1933 in der für ihren „Modernismus“ kritisierten und vorübergehend geschlossenen Ausstellung 30 deutsche Künstler in der Galerie Ferdinand Möller in Berlin gezeigt. Möller hatte es, laut Auskunft der Ferdinand-Möller-Stiftung, vermutlich in Kommission vom Künstler erhalten. Es blieb jedoch unverkauft.
Im Mai 1935 wechselte das Gemälde Eigentümer und Titel. Als Handziehbrücke in der Mark wurde es von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen angekauft. Aus den Erwerbungsakten der Pinakothek der Moderne geht hervor, dass das Museum das Kunstwerk für 575 Reichsmark aus der Ausstellung Berliner Kunst im Rahmen der Großen Münchener Kunstausstellung (Katalog Nr. 133) höchstwahrscheinlich unmittelbar vom Künstler erworben hat. Am 25. August 1937 wurde das Gemälde dann als „entartet“ beschlagnahmt und erhielt die E[ntartete]K[unst]-Nummer 15460. Im Jahr 1939 konnte es Bernhard A. Böhmer, einer der vier mit der „Verwertung“ beschlagnahmter Kunstwerke beauftragten Haupthändler, in Kommission übernehmen. Er soll das Gemälde am 28. Juni 1941, gemäß dem Verzeichnis der „Entarteten Kunst“ des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda, für 10 Schweizer Franken an das Kunstauktionshaus Galerie Fischer in Luzern verkauft haben.
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Böhmer das Werk einbehalten hat.
Bernhard A. Böhmer (1892-1945) und Friedrich Schult kannten sich durch Ernst Barlach (1870-1938). Beide hatten ihren Wohnsitz in Güstrow und verwalteten nach Barlachs Tod dessen Nachlass.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Freitod Bernhard A. Böhmers gelang es Schult, die Werke, die zuvor als „entartet“ galten, aus dem Wohnhaus und anderen Lagerstätten in Güstrow zum Schutz vor der Roten Armee zu sichern. In seinem Tagebuch notierte er am 28. Mai 1945: „In der Grenzburg … 1 Kaus (für mich)“. Die Grenzburg war ein von Böhmer eingerichtetes Depot für „Entartete Kunst“. Bei dem hier erwähnten Kaus-Gemälde könnte es sich um die Havelziehbrücke handeln.
1947 beauftragte die Sowjetische Militäradministration den Berliner Kurt Reutti mit der Fahndung nach „Entarteter Kunst“ und dieser barg gemeinsam mit Friedrich Schult die Restbestände aus dem Nachlass von Böhmer in Güstrow. Über eintausend Kunstwerke überführte Reutti in das Museum der Stadt Rostock. Archivalien des Archivs der Akademie belegen, dass die Havelziehbrücke von Max Kaus, nach Angabe der Witwe, bereits vor der Eheschließung 1947 im Besitz von Friedrich Schult war.
Die angegebene Einstufung als „unbedenklich“ bezieht sich zunächst auf die Provenienzen im Bereich der sogenannten NS-Raubkunst. Im Zusammenhang mit dem Erwerbungskontext in der DDR-Zeit scheinen weitere Recherchen erforderlich zu sein. Auf der Inventarkarteikarte wurde vermerkt, dass das Bild 1981 von Erika Schult an die Akademie als Schenkung überging. Jedoch ist noch unklar, unter welchen Bedingungen die Witwe aufgrund ihrer Ausreise in die BRD Objekte aus dem Nachlass ihres verstorbenen Mannes abgeben und veräußern musste.
Ein weiteres Kunstwerk aus dem Schult-Nachlass ist ebenfalls Bestandteil der Kunstsammlung der Akademie: eine Skulptur von Aristide Maillol, deren Provenienz im Rahmen des Projektes gleichfalls kritisch erforscht wurde.