Oskar Nerlinger. Bildkünstlerisches Werk
Als Pionier der Fotografie schuf Oskar Nerlinger (1893-1969) in den 1920er Jahren experimentelle Fotogramme und avantgardistische Fotocollagen. Seine werbegrafischen Arbeiten aus der Zeit bestechen durch innovative Typografien und verweisen auf Nerlingers konstruktivistischen Werke. Die künstlerische Vielseitigkeit Nerlingers spiegelt sich auch in seinem Nachlass in der Kunstsammlung wider. Hier finden sich über 5.300 Handzeichnungen aus allen Schaffensperioden des Künstlers: frühe abstrakte Arbeiten, Landschaftsdarstellungen in Aquarell aus der Zeit nach 1933 und Zeichnungen aus dem Arbeitsleben der DDR. Neben den etwa 330 fotografischen Werken gehören 58 Gemälde und ca. 400 druckgrafische Arbeiten zum Bestand.
Biographie
Oskar Nerlinger wurde am 23. März 1893 in Schwann in der Nähe von Pforzheim geboren.
1908 begann er ein Studium an der Kunstgewerbeschule in Straßburg, das er 1911 an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums in Berlin, u. a. bei Emil Orlik, fortsetzte. Nach dem Militärdienst heiratete er im März 1918 Alice Pfeffer, die an derselben Institution in Berlin studiert hatte und nach der Hochzeit unter dem Künstlernamen Alice Lex-Nerlinger arbeitete.
Von 1919 an arbeitete Oskar Nerlinger in Berlin als Zeichenlehrer und wirkte ab 1921 an Herwarth Waldens Zeitschrift „Der Sturm“ mit. 1926 gründete er die Vereinigung „Die Abstrakten“ und trat 1928 sowohl in die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) als auch in die Assoziation revolutionärer bildender Künstler Deutschlands (ASSO) ein. In den 1920er Jahren experimentierte Oskar Nerlinger erfolgreich mit verschiedenen fotografischen Techniken, Fotogrammen und Fotomontagen. 1929 war er zusammen mit Alice Lex-Nerlinger auf der Internationalen Werkbundausstellung FILM UND FOTO in Stuttgart vertreten.
Nach 1933 beteiligte er sich an der illegalen Arbeit der KPD, konnte aber gleichwohl bis 1945 weiter unterrichten. Von 1945 bis zu seiner Entlassung 1951 hatte er eine Professur an der Hochschule für Bildende Kunst in Berlin-Charlottenburg inne und gab von 1947 bis 1949 gemeinsam mit Karl Hofer die Zeitschrift „Bildende Kunst“ heraus. Ein Jahr nach der Übersiedlung nach Ost-Berlin 1951 wurde er in den Verein Bildender Künstler (VBK) aufgenommen und war von 1955 bis 1958 als Professor an der Kunsthochschule in Berlin-Weißensee tätig. Oskar Nerlinger starb am 28. August 1969 in Berlin.
Archiv und Sammlung
Frühe Arbeiten wie Tänzerinnen (um 1915); Handzeichnungen mit Spritztechnik wie Fischernetz und Kahn (1929-1930) oder 3. Klasse - 2. Klasse (1931); Landschaftsdarstellungen in Aquarell aus allen Schaffensperioden: Dorf mit Kirche (1914), Gipsbruch (1939), Bei Lanke im Herbst (1958); Arbeiten aus dem Eisenhüttenkombinat Ost (EKO) von 1952 wie 1. Mai-Feier im Eisenhüttenkombinat Ost oder Am Schmelzofen. Fotografische Arbeiten: U.a. Nachtflug (1928), Der gutmütige Fisch (1928), Der Fotograf (Selbstbildnis) (um 1928), Funkturm und Straßenarbeiter (o.D.), Schnell noch einen Bissen (1928); Handzeichnungen, Gemälde, Druckgrafik, Fotos, Fotogramme, Fotomontagen, Collagen.
Bestandsgeschichte
Der bildkünstlerische Bestand von Oskar Nerlinger gelangte 1974 zusammen mit dem Vorlass seiner Ehefrau Alice Lex-Nerlinger in die Akademie der Künste (Ost).
Bereits 1971 bat Alice Lex-Nerlinger Konrad Wolf, den Präsidenten der Deutschen Akademie der Künste, ihren 1969 verstorbenen Ehemann Oskar Nerlinger posthum als Mitglied in die Akademie aufzunehmen. Im Gegenzug bot sie der Akademie den Nachlass ihres Mannes an. Obwohl eine Mitgliedschaft Nerlingers abgelehnt wurde, schenkte Lex-Nerlinger seinen Nachlass und ihren Vorlass der Akademie, womit 1974 das Nerlinger-Archiv gegründet werden konnte. 1975 kurz vor dem Tod Alice Lex-Nerlingers wurde das Künstlerpaar mit einer Ausstellung der Akademie der Künste geehrt. 2017/2018 wurde der bildkünstlerische Nachlass Oskar Nerlingers mit über 6.000 Werken digitalisiert und in der Archivdatenbank der Akademie der Künste veröffentlicht.
Seit 1994 werden die bildkünstlerischen Werke von Alice Lex-Nerlinger und Oskar Nerlinger in der Kunstsammlung der Akademie der Künste verwahrt. Der schriftliche Nachlass befindet sich im Nerlinger-Archiv des Archivs Bildende Kunst.
Zitierweise
Akademie der Künste [AdK], Berlin, Kunstsammlung, Oskar Nerlinger