Marcellus Schiffer. Zeichnungen

Der künstlerische Nachlass von Marcellus Schiffer beinhaltet u.a. Manuskripte seiner Textbücher für die Kabarettrevuen von Mischa Spoliansky und Friedrich Hollaender und zahlreiche Songtexte, Sketche und Szenentexte für das Kabarett der 20er Jahre. Für Paul Hindemith verfasste Schiffer das Libretto für dessen Oper „Neues vom Tage“, welches im Archiv erhalten geblieben ist. Außerdem sind zahlreiche Manuskriptentwürfe zu Romanen und Erzählungen überliefert. Das Archiv ist eng mit dem seiner Ehefrau, der Diseuse Margo Lion, verflochten, deren künstlerische Hinterlassenschaft ebenfalls im gemeinsamen Archiv Schiffer-Lion zu finden sind.

Marcellus Schiffer war nicht nur Texter, sondern auch Buchillustrator und Maler. Motiv seiner überlieferten Zeichnungen und Graphiken ist sehr oft seine Ehefrau Marguerite, später Margo. Unter den teilweise farbigen Zeichnungen finden sich bebilderte Sketche, Skizzenbücher, Plakatentwürfe, Linol- und Holzschnitte.

Biographie

Marcellus Schiffer wurde als Otto Schiffer am 20. Juni 1892 in Berlin, als zweiter Sohn eines jüdischen Holzhändlerehepaares geboren und wurde im Alter von fünfundzwanzig Jahren Schüler von Emil Orlik an der königlich-preußischen Lehranstalt des Kunstgewerbemuseums. Dort lernte er im Sommer 1921 die Tänzerin Nina Hard „Ada“ kennen, mit der er bald eine Liaison hatte. Durch sie traf Schiffer Ende 1921 Marguerite Lion und Fränze Roloff, mit allen drei Frauen war er eng verbunden und sie standen im Zentrum seines ersten halbbiografischen Romans „Halb und Halb“, der allerdings unveröffentlicht blieb. Fränze Roloff spielte auch in seinem ersten Theaterstück „Angst“, im Albert-Theater Dresden, die Titelrolle. Die Presse war wenig begeistert und Schiffer brauchte lange Zeit, sich von diesem Tiefschlag zu erholen, wagte allerdings einen weiteren Versuch mit seinen „Grotesken Märchen und Gedichten“ im Berliner Secession am Kurfürstendamm. Sein Freund, Alexander Kardan, ist der Vortragende. Nach einem Besuch im Jahr 1923 in der Wilden Bühne bei Trude Hesterberg, bei dem er ihr auch Margo Lion vorstellt, wird die Lion engagiert und Schiffer schrieb seine ersten Chansontexte für sie, die Mischas Spoliansky vertonte. Über Nacht erobert die Lion die „Wilde Bühne“.

Das Haus brennt allerdings im Oktober 1923 ab, ein Ventilator war heiß gelaufen. Schiffer textete jedoch weiter, für Wilhelm Bendows „Tü-Tü“ oder Rosa Valettis „Rakete“. Er wird zu einem der wichtigsten Texter des Brett’l. Die Komponisten Werner Richard Heymann, Friedrich Hollaender, Allan Gray, Mischa Spoliansky, Victor Heermann und Stefan Meisel vertonten die Schiffertexte.

1924 sollte Schiffer bei Erik Charell an einer Revue mitarbeiten, dies erwies sich allerdings als nicht zukunftsträchtig. Zur gleichen Zeit entwickelte sich aber eine enge Zusammenarbeit mit Friedrich Hollaender, zusammen schufen sie die neue Form der Revuette, eine literarische Parodierevue, wie der Kritiker Herbert Ihering titelte.  1927 trennen sich die Wege der beiden Künstler und Schiffer erlebte mit seiner Kinderrevue „Hans im Glück“ Schiffbruch, nach einer kurze Zusammenarbeit mit Hermann Haller im Admiralspalast begann eine sehr erfolgreiche Zeit als Texter für den Theaterleiter Ferdinand Bruckner alias Theodor Tagger. Erfolgreiche Kabarettrevuen wie „Die fleißige Leserin“ oder „Es liegt in der Luft“ lassen die Berliner Kritiker-Elite jubeln. Mischa Spoliansky orchestrierte die Revue und Margo Lion, seit 1924 mit Schiffer verheiratet, war die Hauptattraktion. Duettpartnerin des Revuesongs „Wenn die beste Freundin…“ war Marlene Dietrich, zeitlebens wird sie auch abseits der Bühne auch beste Freundin für Margo Lion bleiben. Weitere Revuen entstanden auch für Rudolf Nelson.

1931 eröffnete Hollaender sein eigenes Kabarett, das Tingel-Tangel-Theater, das Team Hollaender-Schiffer löste sich zum zweitem Mal auf und Schiffer kehrte zurück zu Mischa Spoliansky. Im Theater am Kurfürstendamm entstand die Revue „Alles Schwindel“. Anfang der 30er Jahre versuchte Marcellus Schiffer im Filmgeschäft Fuß zu fassen und schrieb einige Treatments, teilweise zusammen mit Friedrich Hollaender. Den größten Erfolg konnte er allerdings mit einem Songtext für den Film „Das Lied einer Nacht“ von Anatol Litval für Jan Kiepura schreiben. Er arbeitete 1932 mit Kurt Robitschek an der Kabarettoper „Rufen Sie Herrn Plim“ mit Harald Paulsen in der Titelrolle.

Am 24. August 1932 wurde Marcellus Schiffer, vermutlich nach einem Freitod, tot in seiner Wohnung aufgefunden. Seine Witwe, Margo Lion, ließ sich bald darauf in Paris nieder.

Bestandsgeschichte

Der Nachlass von Marcellus Schiffer gelangte durch Schenkung von Margo Lion ins Archiv der Akademie der Künste, der Teilnachlass von Margo Lion wurde später durch die Familie ergänzt.

Zitierweise

Akademie der Künste [AdK], Berlin, Marcellus-Schiffer-Margo-Lion-Archiv

Digitale Repräsentationen

digital.adk.de

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