Paul Hamann

Junger Mann, nach rechts blickend, 1930
Relief aus Gips
58 x 35 cm
Inv.-Nr.: KS-Plastik 84/56/256

Provenienz

1930 Paul Hamann, London | nach 1930 unbekannt

Wer ist der Mann, der auf dem medaillonförmigen, rund 60 Zentimeter hohen Gipsrelief des Künstlers Paul Hamann (1891-1973) nach rechts blickt?

Eine Identifikation der dargestellten Person wäre nicht zuletzt für die Provenienzrecherchen von großer Bedeutung, da sie eine gezieltere Suche in Datenbanken oder Ausstellungs- und Auktionskatalogen ermöglichen würde. Erschwerend kommt hinzu, dass die Inventarbücher der Kunstsammlung der Akademie der Künste keinerlei Hinweise auf Ankaufszeitpunkt oder Vorbesitzerinnen und Vorbesitzer liefern. Ein erster Rechercheansatz ergibt sich jedoch durch einen Blick auf das Werk selbst. Es weist auf dem Rand die vom Künstler aufgebrachte Signatur „Hamann London 30.“ auf. Die präzise Ortsangabe „London“ und die mögliche Jahreszahl „1930“ bedingten zunächst Recherchen zu Künstler und Werk.

Paul Hamann war ein deutscher Bildhauer, der bis 1914 in der Landeskunstschule in Hamburg studierte und während seines Studiums die Möglichkeit erhielt, als Assistent von Auguste Rodin in Paris tätig zu sein. 1919 zählte er zu den Mitbegründern der Hamburgischen Sezession, deren Mitglied er bis zur Auflösung 1933 blieb. Bis 1926 lebte Hamann mit seiner Ehefrau, der Malerin und Keramikerin Hilde geb. Guttmann (1898-1987), überwiegend in der Künstlerkolonie Worpswede, bis das Paar nach Berlin übersiedelte.

Große Bekanntheit erfuhr Hamann durch seine „Lebendmasken“, die er ab 1926 mithilfe eines von ihm selbst entwickelten unkomplizierten und schmerzarmen Verfahrens herstellte. Unter den „Maskierten“ sind namhafte Persönlichkeiten wie Bertolt Brecht, Man Ray, Aldous Huxley und Renée Sintenis – und auch der britische Kunstkritiker und Autor Raymond Mortimer. Seine Lebendmaske entsteht, wie das in der Akademie vorhandene Gipsrelief, im Jahr 1930 und befindet sich in der National Portrait Gallery in London. Vergleicht man den Kopf der Maske mit dem Gesicht auf dem Relief der Akademie, so bestehen durchaus Ähnlichkeiten. Hamann hielt sich 1930 auf Einladung Sir Harold Nicolsons, eines Diplomaten, der in den 1920er-Jahren Botschafter in Berlin gewesen war, mehrere Monate in London auf und konnte in einer Ausstellung der Warren Gallery seine Mask portraits zeigen.

Nach Angriffen der Nationalsozialisten auf die Künstlerkolonie am Breitenbachplatz in Berlin, wo Paul und Hilde Hamann lebten, und aufgrund ihrer jüdischen Herkunft emigrierte das Künstlerpaar 1933 zunächst nach Paris, 1936 weiter nach London. Sie erwarben Anfang der 1950er-Jahre die britische Staatsbürgerschaft.

Viele frühe Werke Paul Hamanns gelten als verschollen. Hilde und Paul Hamann versuchten ferner in den 1950er Jahren wohl vergeblich, das zu NS-Zeiten entzogene Grundstück mit Bauernhaus in Worpswede wiederzuerlangen.

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