Julie Wolfthorn

Porträt Käthe/Kete Parsenow, um 1910
Öl auf Leinwand
109 x 86 cm
Inv.-Nr.: KS-Gemälde MA 256
Werkverzeichnis: Carstensen WV 153 (Vgl. zudem 496)

Provenienz

21.12.1978 Ankauf der Akademie der Künste, Berlin (West), von der Galerie Cap Antik im Hotel Continental, Berlin

Die Malerin Julie Wolfthorn wurde 1864 als Julie Wolf in Thorn (heute: Toruń/Polen) geboren und stammte aus einer jüdischen Familie. 1883 zog sie nach Berlin und lebte später in einer Wohnung mit angegliedertem Atelier in der Kurfürstenstraße 50, welche sie zunächst mit ihrer älteren Schwester Luise und später aufgrund der Zwangsumsiedlungen jüdischer Bürger in Berlin mit Erich Hirschweh und dessen Exfrau Margarete (geb. Edel) sowie deren Sohn Peter Edel (geb. Hirschweh) teilte.

Wolfthorn wurde in Berlin ein wichtiges Mitglied der dortigen Frauenbewegung und beteiligte sich 1898 an der Gründung der „Berliner Secession“ sowie des „Vereins der Künstlerinnen und Kunstfreunde Berlin“. Ab 1906 ist sie als Mitglied des „Deutschen Künstlerbundes“ verzeichnet. Zusammen mit Käthe Kollwitz rief sie im selben Jahr die Ausstellungskooperation „Verbindung Bildender Künstlerinnen“ ins Leben. Bewundert wurde sie insbesondere für ihre Porträts. Um 1910 entstand das Bildnis der Schauspielerin Kete Parsenow.

Während des Zweiten Weltkrieges hielt sich Wolfthorn weiterhin in Berlin auf, konnte jedoch wegen ihrer jüdischen Herkunft und der damit zusammenhängenden Repressionen durch das NS-Regime lediglich noch im „Kulturbund Deutscher Juden“ ausstellen – bis auch diese Tätigkeit 1941 für illegal erklärt wurde. Am 28. Oktober 1942 wurden die 78-jährige Julie Wolfthorn und ihre Schwester Luise Wolf in das Konzentrationslager in Theresienstadt deportiert, wo Julie zwei Jahre später verstarb. Vor ihrer Deportation musste sie eine Vermögenserklärung abgeben, listete jedoch keine Kunstwerke auf. Ihre Wohnung wurde im Mai 1943 durch die Vermögensverwertungsstelle beschlagnahmt. Doch was geschah mit ihren dort befindlichen Werken? Hatte sie Bilder im Keller lagern können oder an Freunde verteilt oder verblieben sie im Familienbesitz? Wurden sie konfisziert oder gar zerstört? Und wo befand sich das Porträt der Kete Parsenow zu dieser Zeit?

Margarethe Edel, die Mutter von Peter Edel, wohnte noch für längere Zeit in der Wohnung an der Kurfürstenstraße 50, jedoch sind im Peter-Edel-Archiv der Akademie der Künste zunächst keine weiteren Hinweise auf die verschollenen Werke von Julie Wolfthorn zu finden.

Gehörte das Gemälde eventuell zum Besitz der Porträtierten? Kete Parsenow, 1880 in Stettin geboren und 1960 in Tübingen gestorben, arbeitete als Schauspielerin u.a. unter Max Reinhardt in Berlin. Sie bewegte sich im Berliner Künstlerkreis, war mit Karl Kraus und Else Lasker-Schüler bekannt. Wie sie in der Nachkriegszeit dem Regisseur Julius Bab, Mitbegründer des Jüdischen Kulturbundes, schrieb, verlor Parsenow während des Nationalsozialismus ihre „gesamte Habe“.

Das Gemälde konnte weder in Ausstellungs- und Auktionskatalogen vor 1945 noch in einer der einschlägigen Datenbanken zur Provenienzforschung ausfindig gemacht werden.

Eigenartigerweise galt das Gemälde lange als Porträt von Parsenows berühmterer Schauspielerkollegin Tilla Durieux. Zur Ergänzung ihres Durieux-Archivs erwarb die Akademie der Künste in West-Berlin im Dezember 1978 von der Galerie Cap Antik das Bild. Erst durch einen 2010 wiederentdeckten Zeitungsausschnitt aus dem Jahr 1916, auf dem das Gemälde abgebildet und betitelt ist, konnte der Irrtum aufgedeckt werden.

Die Untersuchungen werden fortgesetzt.

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